So mal als Akademiker und Brillenträger: Meine Kasse schafft es in ein und demselben Schreiben sowohl die Erstattungsbeteiligung an meinen regelmäßig anzupassenden Sehhilfen (-12 Dioptrin beidseitig plus Zylinder plus Defekt-Chichi plus Gleitsicht) auf ein das untere zweistellige Tachengeld-Niveau meiner Kinder locker unterschreitend zu drücken, mir aber voller Freude mitzuteilen, dass sie auch weiterhin die vollen Kosten homöopathischer Behandlung übernehmen würden, die ich nicht brauche, weil als Medizin nur anerkenne und nehme, was einem Doppelblindtest standhält. Für alles andere habe ich stets einen guten Fluch und meistens einen schönen Tee. Hilft meistens.

Liebe Kasse, echt jetzt!? Soll ich mir jetzt gegen Fehlsichtigkeit Zuckerkügelchen in die Augen reiben!? Wisst ihr eigentlich wie das brennt!?

Brillen sind seit der Antike in ihrer Wirkung bewiesen. Die vergleichsweise junge Globuli-Sekte hüllt sich zwar gerne in den terminologischen Deckmantel der Wissenschaftlichkeit. Bezeichnet sich Therapeut, Heilkundiger, Mediziner, gar Forscher und benennt folgerichtig gerne die eigenen Arbeitsstätten Praxen, Labore, Institute und sogar Klinik. Aber die Mühsal der mit dieser Terminologie verbundenen Methodik ersetzt sie durch einfach zu habende Dogmata. Warum auch beweisen, wenn behaupten reicht? Mit dem alten abwertenden nationalsozialistischen Kampfbegriff der Schulmedizin also alle für dumm erklären wollend, denen Beweis wichtiger als Glaube ist, drängt sie gleichzeitig magisch wie die Schmeißfliegen von der Stalllaterne angezogen in die Seriosität atmende Nähe der akademischen Ausbildung. Sie setzen dabei ganz offenkundig auf den Halo-Effekt, dem zu Folge unabhängig der aufgenommenen Mühsal der Approbation derjenige als Arzt wahrgenommen wird, der mit Kittel und Stethoskop in einer Praxis rumsteht. Sie wollen anders sein aber genauso aussehen. Aha, muss man jetzt nicht verstehen, aber vieleicht geht es ja auch nur ums Geld oder darum Arzt sein zu wollen, ohne zwingend studieren zu müssen (Funfakt: auch wenn die Globulisten es gerne anders sähen, der Begriff Homöopath ist in Deutschland nicht schützbar, jeder darf sich so ein Schild an die Tür nageln).
Dabei hat die Homöopathie bis heute keinen einzigen wissenschaftlichen Test zur Wirksamkeit bestanden. Keinen. Nein, der Binnenkonsens zur Zulassung homöopathischer Präparate ist kein wissenschaftlicher Test, sondern eine Übereinkunft Gleichgläubiger und das Ergebnis erfolgreicher politischer nicht wissenschaftlicher Grundlagenarbeit. Der Binnenkonsens ist allenfalls eine Exegese, aber bei weitem kein Beweis. Etwas für Gläubige, nicht für Verständige. Und als Gläubige agieren sie wie solche: zerren gerne Wissenschaftler vor Gericht, damit jenen Häretikern das Wort verboten werde. Wäre indes wirklich wahr, was die Homöopathie lehrt, sie würde mit Wissenschaftlern argumentieren und nicht Wissenschaftlern verbieten wollen nicht daran zu glauben.

Und jetzt eine ganz persönlich Bitte: Gibt es nicht irgendeinen Homöopathen, der Brillen eine Zulassung als Heilmittel nach Binnenkonsens verschaffen kann? Dann würde meine KAsse sie auch bezahlen. Brillen verdünnen die Unschärfe bis zur Unkenntlichkeit und sie bewirken bei Normalsichtigen Symptome wie bei Fehlsichtigen. Echt! Probiert es selbst aus.

Ihr dürft meine Sehhilfe auch gerne von profan „Brille“ auf irgendein krude latinisiert aber ungemein fancy weil medizinisch klingendes „Video Perplexum“ oder wie in meinem Fall, Homöopathie ist ja eine personalisierte Medizin, „Video possibilum est“ umbezeichnen. Und dabei behaupten, dass Brillen auch gegen Augenbrauenzucken und Rosettenkribbeln helfen, so wie ihr es gerne macht. Ich bin bereit den Beweis von Brillen immer und überall anzufechten und fortan den Glauben an Brillen zu fordern. Ich mach alles, alles, solange es die Kasse dann endlich wieder zahlt.

Dies von einem, der jährlich nichterstattbare 1.000 Euro allein dafür ausgibt, damit er am Leben teilhaben (und ganz nebenbei auch Krankenkassenbeiträge zahlen) kann und dessen Krankenkasse ihm freudig erzählt, dass sie alle Kosten einer homöopathischen „Therapie“ erstattet, nicht aber die einer Brille.